Blog Januar 2020

 

Durch die Hölle der Eifersucht und wieder heraus

Vor Jahren, als ich herausfand dass meine Frau mich mit einem anderen Mann betrogen hatte, fegte ein fast unerträglicher Tornado von Gefühlen über mich hinweg. Wut auf sie, ihn und mich. Trauer und Angst sie zu verlieren und allein zu sein. Verwirrende, ohnmächtige Gedanken - Wie konnte mir das passieren? Wie konnte sie mich bereitwillig so verletzen? Ich träumte immer wieder davon, wie ich diesem Mann, den ich nur von Facebook-Bildern kannte, in eine dunkle Gasse folgte und ihn blutig und weinend auf dem Boden liegen lassen würde. Ich war total von Eifersucht verzehrt.

Einige Jahre später ging meine Frau wieder fremd und wieder wurde der Gefühlstornado in mir entfesselt. Diesmal führte es zu einer Zeit der Trennung von ihr, in die ich mit dem Kopf voran in die Hölle der Eifersucht gesunken bin und schließlich auf der anderen Seite wieder auftauchte. Diese Erfahrung möchte ich mit euch teilen.

Die ersten Monate fühlten sich an, als würde ich durch mein besessenes, sich wiederholendes Denken immer wieder auf dieselbe Mauer geschlagen. Im Wechsel zwischen Empörung, Opferhaltung, Leere, Erschöpfung und am allerschlimmsten die Verzweiflung - das Gefühl, dass es keinen Ausweg gibt.

Zum Glück kann ein Mensch nur so oft in dasselbe Loch fallen, bevor er sich fragt, ob es einen anderen Weg gibt. Und so begann ich eines Tages, mir die Überzeugungen und Denkmuster, die meinen Gefühlstornado befeuerten, genauer anzuschauen.

Ich wurde neugieriger und weniger wertend - warum hatte meine Frau mich betrogen? Sicherlich wollte sie mich nicht verletzen - sie tat es, obwohl sie wusste, dass es mir wehtun würde. Welche meiner Bedürfnisse und Wünsche mit ihren dazugehörigen Ängsten hatte ich selbst unterdrückt um ein guter, treuer Ehemann zu sein? Warum war mir Treue so wichtig - war es mein eigener Wert oder etwas, das ich von außen übernommen hatte? Mit diesen Fragen kamen kurze Momente der Erleichterung. Das Licht auf der anderen Seite des dunklen Tunnels der Eifersucht begann zu scheinen und führte mich.

Ein Abend sticht besonders hervor - als ich am Luganersee entlang spazierte, wo ich zu der Zeit lebte, dachte ich über einige einfache, aber umwerfende Fragen nach die mir mein Freund und Lehrer beim Abendessen zuvor gestellt hatte. "Du sagst ohne Zweifel, dass es eine große Liebe zwischen dir und deiner Frau gibt - was brauchst du mehr?" Und "Du sagst immer wieder, dass du Verbindlichkeit brauchst - was genau meinst du damit und warum ist es so wichtig für dich?".


Plötzlich fiel ein riesiges Gewicht von meinen Schultern. Es fühlte sich buchstäblich so an. Gleichzeitig war ich erfüllt von einer tiefen Freude und einer Leichtigkeit des Seins, die beim Schreiben dieses Blogs noch spürbar ist. Ich musste laut lachen. Wenn ich das Gefühl in Worte fassen könnte, wäre es: „Es ist absolut nichts falsch. Alles ist in bester Ordnung. “ Ich rief meine Frau an und sagte ihr, dass alles in Ordnung sei, dass ich sie liebe und dass ich ihr mehr erzählen würde, wenn ich sie in ein paar Tagen wiedersehe. Mit all dem kam die Erkenntnis, dass wir unsere Beziehung so definieren und leben dürfen, wie wir es wollen. Die einzigen Menschen, die zustimmen müssen, sind ich und sie. Verrückt… und doch im Nachhinein so offensichtlich.

All dies fand vor ungefähr 5 Jahren statt und ist ein Kapitel eines Romans, der sich weiterhin selbst schreibt .

Nach dieser Erkenntnis begannen meine Frau und ich unsere Beziehung nach unseren eigenen Bedingungen zu definieren. Am Anfang lief viel über Versuch und Irrtum. Seitdem definieren und verhandeln wir unsere Beziehung immer wieder neu, um sie an neue Umstände, neue Bedürfnisse und sich entwickelnde Beziehungen zu anderen Partnern anzupassen. Es ist nicht der einfachste Weg (viele weisen schnell darauf hin), aber er ist definitiv lebendig, vital ... es hält uns wach. Unser gegenseitiges Commitment als Lebenspartner ist fester denn je, ohne rigide oder starr zu sein.

Ich werde noch gelegentlich besucht von meiner alten Freundin Eifersucht, sie hat aber nicht annähernd die gleiche Macht über mich wie zuvor. Sie hat ihre Sauerstoffversorgung verloren, seit ich aufgehört habe zu glauben, was unsere Kultur uns sagt - dass Liebe ein Nullsummenspiel sei. Stattdessen habe ich erlebt, dass das Gegenteil möglich ist. Je mehr die Liebe befreit wird, so zu fließen wie sie möchte, desto mehr kann sie wachsen und gedeihen, ohne zu besitzen oder etwas zu verlangen. Ich sage das mit der Demut, die dieser Weg mir beigebracht hat - denn man weiß nie, welche alten Schatten hinter der nächsten Kurve liegen...